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Analyse

From the home of the brave: Christian Pulisic

Der amerikanische Sport ist großartig. Bei olympischen Spielen feiern US Amerikaner regelmäßig riesige Erfolge und auch in ihrem eigenen Land gibt es bei Veranstaltungen wie dem Superbowl überragende Leistungen zu bewundern. Erst gestern Nacht holte sich Tom Brady seinen fünften Meisterschaftsring und setzte sich selbst auf dem Footballthron. Auch aus anderen Sportarten wie dem Basketball sind Legenden wie Michael Jordan auf der ganzen Welt bekannt.

Denkt man an die Helden aus unserem Lieblingssport wird es allerdings plötzlich still um die Amerikaner. Jedes Land hat, meist sogar eine große, Anzahl an Fußballlegenden, die jedes Auge strahlen lassen, wenn von ihren Heldentaten auf dem Platz erzählt wird. Ob Pele, Maradonna, Beckenbauer oder Cruyff, jeder kennt ihre Namen und jeder weiß auch: Sie sind alle keine Amis, weil die alles können, außer kicken. Das ist noch nicht mal so falsch. Die großen USA hat nämlich genau 0 Weltmeister-Titel gewonnen! Vor allem weil Topleute fehlen. Ein Grund dafür kann sein, dass es eine höhere sportliche Diversität gibt und Fußball nicht die Sportart Nummer 1 ist. Aber das könnte sich jetzt ändern, denn in Deutschland wächst ein amerikanischer Fußballer heran, der das Potenzial hat, eine ganze Nation auf Kurs zu bringen: Christian Pulisic.

Der ist mittlerweile schon in der Bundesliga angekommen und hat für so viel Furore gesorgt, dass viele eins vergessen haben: Er ist grade mal 18 Jahre alt. Ein Grund mehr sich mal genau anzuschauen, woher er kommt und was er kann.

Vom Glück den Zufall als Freund zu haben

Pulisics Weg zum jüngsten ausländischen Torschützen der Bundesliga war ein vom Glück und Zufall geprägter. Zu aller erst liegt das fußballerische Talent zum Glück in der Familie: Sein Vater war in Amerika in der professionellen Futsal-Liga unterwegs und dadurch fand Christian Pulisic zum Fußball, statt sich einer anderen Sportart in Amerika zuzuwenden. Mit seiner Fußball-Akademie PA-Classic nahm er dann an einem internationalen Turnier teil, bei dem zum Glück auch Haji Wright vorspielte. Den wollten die BVB Scouts nämlich bei jenem Turnier eigentlich beobachten. Allerdings überzeugte Pulisic so sehr, dass er Wright vorgezogen wurde, der dann übrigens, zufällig, von keinem anderen Klub als dem FC Schalke 04 verpflichtete wurde, bei denen er in diesem Winter das erste Mal mit den Profis ins Trainingslager fuhr.

Pulisic jeden falls durfte als US-Amerikaner aufgrund seines jungen Alters nicht nach Europa wechseln. Glücklicherweise hat Pulisic aber kroatische Wurzeln, nahm neben der amerikanischen auch die kroatische Staatbürgerschaft an und der Weg nach Dortmund war frei.

Dort schoss er im Mai letzten Jahres noch die Dortmunder A-Jugend ins Finale und durfte ein paar Monate später, im ersten Bundesligaspiel dieser Saison, in der Startelf ran, da Marco Reus zufälligerweise, mal wieder, verletzt war. Den Rest der Saison spielte er regelmäßig und kommt insgesamt in der Bundesliga auf 15 Einsätze. Aber was macht diesen Jungen so besonders?

Bewegung, Einsatz, Speed, Pulisic

Christian Pulisic gibt körperlich nicht viel her. Bei 1,73 Körpergröße ist er nicht besonders hoch gewachsen und sein Körperbau ist eher schmächtig. Anders als ein Messi oder Mannschaftskollege Mor hat er auch nicht zwingend einen niedrigen Körperschwerpunkt, der ihm gute Stabilität gibt, aber trotzdem sind seine Dribblings ähnlich ansehnlich.

Pulisic ist gewissermaßen der geborene Dribbler. Er ist schnell und kann aus der Bewegung mit Leichtigkeit zwei oder drei Gegenspieler umkurven. Während seiner Sprints hat er allerdings relativ viele Ballkontakte und wechselt somit wie marginal die Richtung des Balles, den jeder Verteidiger dann falsch einschätzt. Aber auch aus dem Stand gibt er die Kugel nicht einfach her. Schnelle Drehungen auf engsten Raum und eine a-synchrone Bewegung zum Ball, bei der er den Ball einfach rollen lässt und ohne Ballberührung mit Körpertäuschungen die Verteidiger auf die falsche Spur schickt, prägen seinen Stil.

Gegen diese Dribblings auf höchsten Niveau sollten Verteidiger ihren körperlichen Vorteil nutzen, sofern sie es schaffen bevor Pulisic weg ist. Auf Talentniveau und damit ausbaufähig sind seine Flanken. Als Außenbahnspieler sollten seine Hereingaben präziser und besser getimt sein. Beim BVB, dessen Angriffsspiel sehr vielfältig ist, braucht er sie nicht zwingend, aber z.B. in der amerikanischen Nationalmannschaft, wo es aufgrund fehlender Angriffsoption auch mal die Brechstange sein muss, sollte Pulisic besser flanken. Sein Kurzpassspiel ist gut, sein Finishermove ist das Dribbling bis zur Grundlinie mit einem flachen Ball in die Mitte oder zurück zum Sechzehner.

Kommt der Angriff von der anderen Seite, startet er in den Sechzehner, um sich dann an dessen Rand fallen zu lassen, um sich auf engsten Raum an Doppelpässen zu beteiligen oder direkt flach abzuschließen. Tore erzielen kann er definitiv auch. Insgesamt spielt Pulisic jetzt schon auf unglaublich hohem Niveau.

Defensiv beteiligt er sich mit hohem Laufaufwand an der Verteidigung. Mit seiner Geschwindigkeit sprintet er gegnerischen Angreifern hinterher, läuft sie ab und schiebt seinen Körper zwischen sie und den Ball. Er unterstützt seine Hintermänner, beim BVB meist Piszczek, sehr fleißig und ist somit ein ausgeglichener Außenbahnspieler der moderne Anforderungen an diese Position erfüllt.

 Wo geht die Reise hin?

Mit 18 hat Pulisic also bereits gezeigt, dass er ein ganz Großer werden kann. Das wichtigste Kriterium dafür scheint er nämlich zu erfüllen: Er hat Glück. Das sollte nie außer Acht gelassen werden. Es gibt viele Talente denen die größten Karrieren vorausgesagt wurden. Als mahnendes Beispiel sollte Pulisic seinen Landsmann Freddy Adu nehmen, der es trotz unglaublichen Talents und allen Möglichkeiten nicht geschafft hat.

Beim BVB fühlt sich Pulisic dafür gut aufgehoben. Erst kürzlich hat er seinen Vertrag bis 2020 verlängert und viele verlockende Angebote, unter anderem vom FC Liverpool, ausgeschlagen. In Dortmund wissen sie außerdem, wie man Talente fördert. Götze wurde behutsam aufgebaut und auf ein unglaubliches Niveau gehoben, bevor er zu den Bayern ging. Auch Lewandowski, Hummels oder Kagawa haben in Dortmund eine erstklassige Entwicklung genommen. Weigl und Dembele sind nur unwesentlich älter als Pulisic, aber auch schon, wie er, Nationalspieler.  Zudem ist die Talentförderung in Dortmund grade der gangbare Weg. Die hohe Talentendichte ist in Europa einmalig. Pulisic selbst sagt, dass er die Bedingungen in Dortmund gut für seine Entwicklung hält und, dass Tuchel unglaublich viel und für ihn und andere junge Spieler getan hat.

The Game of the free?

Pulisics Entwicklung wird allerdings nicht immer so reibungslos verlaufen, aber mit seinem Glück und mit weiterer harter Arbeit kann es etwas werden mit der ganz großen Karriere. Möglicherweise hat dann auch die USA ihren ersten richtigen Weltklassefußballer und er hilft dabei, dass im Land of the free der Fußball weiter an Ansehen gewinnt.

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Der große (auf die Körpergröße bezogen) Tobias Haubert wurde am östlichen Rande des Ruhrgebietes geboren. Nach einer normalen Jugend und einem normalen Studium der Literatur und Germanistik ist er ein normaler Typ mit überragendem Bart.

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