Ach, wir talentsuchenden Sportjournalisten, wir haben es gut. Während gewöhnliche Menschen nur sehr selten und manchmal gar nicht das Wunder der Geburt erleben, können wir uns fast jede Woche darüber freuen. Klar, wir sind nicht andauernd im Kreissaal und bekommen einen neuen Sohn oder eine neue Tochter, dafür freuen wir uns häufig im Jahr über die Geburt eines neuen Messis oder Ronaldos.
Diese Woche war es wieder soweit. In der U-19 Youth League nahm ein junger Mann all seinen Mut zusammen, zerstörte die gesamte Abwehr der Dortmunder A-Jugend, die aktuell nicht weniger als amtierender deutscher Meister ist, und schenkte uns erneut wahre Vaterfreunden. Ein neuer Messi war geboren: Jordi Mboula.
Was uns diesmal auch wirkliche Freudentränchen in die Äugelein treibt, ist, dass Jordi Mboula unter all den Messis ein ganz besonderes Kind ist, er ist nämlich nicht nur ein „neuer Messi“ sondern der „wirklich neue Messi“. Hach, ich freu mich jetzt schon wenn bald der „echt wirklich neue Messi“ auftaucht. Ich kauf schon mal Schühchen.
Aber zurück zu Mboula. Warum ist er nun der legitimierte Thronprinz? Damit wir alle auf demselben Stand sind, hier nochmal das Video der Geburt:
Immer in der Nähe
Mboula kommt aus Granollers, was grade einmal 30 min von Barcelona entfernt ist. Im Vergleich zu manch anderem La Masia Schüler, z.B. diesem Messi, ist er also nicht weit von zu Hause entfernt. Die Entfernung zur Heimat hat schon so manchen jungen Spieler geschafft, selbst Ronaldo weinte als Jugendlicher manchmal in sein Kissen. In seinem Heimatort begann Mboula, der eine katalanische Mutter und einen kongolesischen Vater hat, auch das Fußballspielen. Allerdings wechselte er mit 11 Jahren bereits in die Jugendakademie Barcelonas, wo er bis jetzt eine recht ruhige Entwicklung genossen hat. Das änder sich nun. Ein Solo, ein Tor, eine Aktion und er steht im Fokus. Jeder Fußballenthusiast in Europa weiß nun, was der Junge kann. Aber was ist das eigentlich?
Mein Ball
Mboula lebt von seiner Ballkontrolle. Er ist für seine 17 Jahre technisch sehr weit. Er führt den Ball kurz am Fuß oder dreht ihn mit seinem ganzen Körper um Gegner herum. Wie ein kleiner Wirbelwind windet er sich auf engsten Raum durch kleinste Lücken. Im Gegensatz zu reinen Außenbahnspielern regiert er dabei auf Berührungen des Gegners. Während andere Dribbler eine einstudierte Bewegung zeigen, die nicht gelingt, sollte der Ablauf durch einen Gegner gestört werden, reagiert Mboula auf diese Berührungen und wechselt in Sekundenschnelle den Kurs. Wenn er einem Bodycheck bekommt, dann läuft er eben in die Richtung weiter, in die er gecheckt wird. Und sollte der Ball berührt werden, nimmt er in ebenso mit, wie er sich nun verhält. Tatsächlich handelt Messi oftmals ähnlich, allerdings mit wesentlich mehr Geschwindigkeit. Mboula erinnert eher an einen zu großen Mario Götze, der sich auch fließen durch Gegner winden kann.
Die Größe ist eigentlich auch das ungewöhnliche. Eigentlich sind solche Spielertypen eher klein, aber Mboula nutze seinen schlanken aber muskulösen, 1,83 m großen Körper, um die kleinsten Lücken zu finden. Starke 6 Tore und 2 Vorlagen in 7 Youth-League Spielen sprechen dafür, dass er diese auch oft findet.
Seine Größe ist aber auch ein Nachteil bei richtig robusten Verteidigern, denn er hat einen hohen Körperschwerpunkt und wenn sich ein Bodycheck nicht abfangen lässt, dann bringt ihn das aus dem Gleichgewicht. Weitere Schwächen offenbaren sich auch im Schuss, der oftmals wie ein netter Gruß an den Torwart wirkt. Seine Pässe könnten auch präziser sein, aber auf Passen steht der Junge eh nicht so, lieber geht er ins direkte Dribbling. Aber vergessen wir nicht: Er ist erst 17. Kurz zusammengefasst: Eine ausgezeichnete Technik, die für seine jungen Jahre sehr weit ist. Alles andere ist auf einem Entwicklungslevel, das zu seinem Alter passt. Was absolut kein Problem ist und nichts darüber aussagt, wie er in 2 oder 4 Jahren spielt. Das führt uns zu einem weiteren wichtigen Punkt. Wie geht der 17 jährige damit um?
Save the children
Dass der Junge kicken kann, hat jetzt jeder gesehen. Die fußballerische Ausbildung sollte reibungslos verlaufen und wenn er verletzungsfrei bleibt ist von der Veranlagung und der körperlichen Komponente her alle auf Erfolg gestellt. Das schwierigste ist die Psyche. Wenn mir jemand mit 17 gesagt hätte, ich sei der Größte, hätte ich es sofort geglaubt. Dieser ganze „neuer Messi“-Scheiß ist also für niemanden, außer Sportjournalisten, hilfreich. Den Druck den Medien auf Fußballer aufbauen ist unglaublich und wenn jemand mit 17 Jahren damit nicht umgehen kann, dass ist das das normalste der Welt. Damit umzugehen ist eine Klasse für sich. Neben der fußballerischen Stärke, bräuchte Mboula also auch die geistige Extraklasse, was wohl mehr als ein Jackpot wäre.
Hier ist nun der Verein gefragt. Der Spieler muss aus der Schussbahn der Medien genommen werden. Er sollte keine Interviews geben, keine Auftritte haben und nicht zu viel Geld verdienen oder Luxus genießen. Die Konzentration muss beim Sport bleiben. Dann kann er ein ganz großer werden. Zum Glück ist er bei Barca in guten Händen. Stars auszubilden liegt den Katalanen im Blut und Barcelona ist locker in der Lage, bei frühen, unmoralischen Angeboten anderer Klubs standhaft zu bleiben, was Anfragen anderer Berater minimiert und Jordi Mboula wieder mehr Ruhe verschafft. Wenn das alles so passt, kann Mboula tatsächlich der neuen Messi werden?
Wahrscheinlich nicht. Spieler wie Ronaldo oder Messi gibt es vielleicht alle 10 Jahre, dass ausgerechnet Mboula dieser Spieler ist, ist möglich, aber unwahrscheinlich. Trotzdem wird er seinen Weg gehen und selbst, wenn er nur halb so gut wie Messi wird, wird Barcelona sich sicher über einen neuen Weltklassedribbler freuen, der in Zukunft für sie wirbelt. Bis es soweit ist, freuen wir uns auf nächste Woche. Ich bin mir sicher, da lesen wir vom „wirklich echt richtigen neuen Neymar“.
Facebook-Kommentare
Der große (auf die Körpergröße bezogen) Tobias Haubert wurde am östlichen Rande des Ruhrgebietes geboren. Nach einer normalen Jugend und einem normalen Studium der Literatur und Germanistik ist er ein normaler Typ mit überragendem Bart.
