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Interview

Der Steinbruch Kroatiens: Zu Gast in der Jugendakademie Dinamo Zagrebs

Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern zählt Kroatien zu einer der jüngeren Fußballnationen. Die „Brasilianer Europas“, wie sie aufgrund ihrer Ausrichtung auf Kreativität und des Spielstils betitelt werden, feierten ihren größten Triumpf mit einem dritten Platz während der Weltmeisterschaft 1998 in Frankreich. Zeitgleich war dies die Geburtsstunde der kroatischen Talente, die den europäischen Markt erobern sollten. Den wohl bedeutendste kroatischen Klub repräsentieren die „Modri“ (Die Dunkelblauen). Dinamo Zagreb’s Talentschmiede operiert im Schatten des ehrwürdigen Maksimir Stadions und ist sowohl der Schlüssel zur nationalen Dominanz als auch Garant für den Anschluss zum europäischen Talentmarkt. Talentkritiker hat sich mit Ivan Kepcija, Assistant Director Youth Academy, über die Philosophie, Rahmenbedingungen sowie einen kleinen Zukunftsausblick einer der erfolgreichsten Jugendakademien Europas unterhalten:

Dinamo ist heute einer der Big-Player auf dem internationalen Talentemarkt und entwickelt Stars wie Luka Modric, Mateo Kovacic oder Dejan Lovren. Seit wann bist du beim Klub aktiv? Wie sehen die Wurzeln der Jugendakademie von Dinamo Zagreb aus?

Haupteingang zur Dinamo Zagreb Fußballschule

Ich bin nun seit 2 ½ Jahren der stellvertretende Akademieleiter bei Dinamo. Davor war ich jedoch schon von 2009 bis 2014 als Botschafter des Klubs aktiv. Die Geschichte der Akademie verläuft parallel zu jener des Klubs. Dinamo ist einer der zwei erfolgreichsten Klubs in Kroatien und einer der besten im ehemaligen Jugoslawien. Der Verein hat eine lange Historie mit vielen Top-Spielern wie Zvonimir Boban oder Robert Prosinecki, die der Jugendarbeit ihren ersten Schub in den 80er und frühen 90er Jahren gegeben haben. Über die letzten 10 Jahre hat die Akademie kontinuierlich hochqualifizierte Spieler ausgebildet und sich nun das Recht verdient neben Giganten wie Ajax oder Barca genannt zu werden.

Im Fußball ist Fankultur mehr als nur eine Tradition. Es ist eine Lebenseinstellung – für Klubs wie den FC Barcelona sogar ein zentrales Identifikationssymbol, das die katalanische Kultur und den Nationalstolz repräsentiert. Gibt es etwas Ähnliches bei Dinamo, wie eine spezielle Bedeutung für die Bürger von Zagreb?

Die Jugendakademie ist eine Erweiterung des Klubs, welcher sehr wichtig für Bürger in Kroatien ist. Der Verein war der nationale Stolz in der Zeit als das Land noch Teil des früheren Jugoslawien war. Ich denke jedoch, dass diese Mentalität seit der kroatischen Unabhängigkeit ein Stück weit zurückgegangen ist. Einer der Gründe ist, dass Zagreb eine multikulturelle Entwicklung in den letzten Jahrzehnten genommen hat. Viele Menschen aus unterschiedlichsten Teilen der Welt sind in die Stadt gezogen. Wir haben nicht dieselbe Mentalität wie Barcelona, das seine katalanische Kultur feiert, oder die Basken, die nur mit ihres Gleichen spielen.

Wenden wir uns nun dem Training. Wie ist dieses durch die verschiedenen Altersgruppen strukturiert? Legt ihr einen speziellen Fokus in den verschiedenen Stufen?

Es ist fundamental für uns, dass wir unser Training auf die individuellen Fähigkeiten und die qualitative Entwicklung der Spieler anpassen. Das Training in der Akademie dauert für gewöhnlich 1 ½ Stunden. In der U8 und U9 starten wir mit vier Trainingseinheiten pro Woche. Hier legen wir den Grundstein und möchte, dass die Spieler Spaß am Spiel haben. Wir möchten deren Interesse wecken sich zu bewegen und sich mit dem Ball vertraut zu machen. Wir lehren ihnen nicht primär technische Grundkenntnisse wie Passen, oder Dribbeln, sondern möchten sie mit den elementaren Regeln in Verbindung bringen – ihnen einfache Passrouten und Laufwege aufzeigen.

In der U10 und U11 trainieren wir ebenfalls vier Mal pro Woche. Wir führen sie in die Idee des Straßenfußballs ein, indem wir in kleinen Teams auf schmaler Fläche trainieren, um ihre Geschicklichkeit zu fördern. Ebenso wie ihre Geschwindigkeit mit und ohne Ball. Natürlich wird auch das technische Level intensiver – die Jungs arbeiten an ihrem schwachen Fuß, machen Fortschritte in ihren Bewegungen in verschiedensten Räumen und Spielsituation. Darüber hinaus steht auch hier wieder die Individualität im Zentrum, indem individuelle Spielsituationen geschaffen und ständig angepasst werden, um ihre Fähigkeiten weiter zu steigern.

Von der U12 bis zur U15 trainieren die Kids dann schon fünf Mal pro Woche. Wir möchten ihre Konstanz in den Spielen sowie im täglichen Training optimieren. Athletisch wird in Gruppen gearbeitet, indem detailliert ihre dynamische und funktionelle Technik unter Druck des Gegners sowie der Zeit auf den Prüfstand gestellt wird. Trotzdem werden individuelle Aspekte nicht vernachlässigt. Die Kids trainieren physisch und technisch weiter an ihren Schwächen. Vor allem die spezifische Rolle innerhalb des Teams und eine Spezialisierung auf positionsgetreue Qualitäten sind hier zentrale Themen. Zusätzlich versuchen wir kreative Komponenten, wie auch Eigeninitiative der Spieler zu fördern.

Unser letzter Bereich erstreckt sich von der U16 bis zur U21. Hier haben die Spieler zwischen fünf und sechs Trainingseinheiten pro Woche. Wir perfektionieren hier positionelle Qualitäten und fokussieren uns auf taktisches Verhalten innerhalb einer Gruppe, um das Team zu stabilisieren. Erstmals setzen wir die Spieler auch psychischem Druck aus und übergeben ihnen zunehmend Autorität und Verantwortung, um sie optimal auf die erste Mannschaft vorzubereiten.

Wenn ihr so strukturiert arbeitet, folgt ihr sicher auch einem festen Spielsystem, in dem die Spieler ausgebildet werden?

Das variiert von Mannschaft zu Mannschaft. Wir glauben nicht daran, dass ein System die universelle Antwort ist. Wir legen die Basis auf Leitmotive und die Spieler in diesen zu unterrichten. Wir starten mit einem 3-1-2-System in der U8 und U9 und wechseln zu einer 3-2-3-Formation in der U10 und U11. Zwischen der U12 und der U21 sind die gängigen Systeme ein 4-3-3 oder 4-1-4-1. Das sind Formationen, die wir auch in unserer ersten Mannschaft hauptsächlich spielen lassen. Es ist dennoch so, dass die Trainer die Freiheit haben, das System auf die jeweiligen Qualitäten einzelner Spieler, oder des Teams anzupassen.

Wir sieht es mit dem Krafttraining aus? Habt ihr einen bestimmten Startzeitpunkt, ab wann regelmäßige Besuche im Fitness-Center zum Trainingsprogramm zählen?

Von der U12 bis U15 entwickeln wir die Physis hauptsächlich durch Stabilitätsübungen mit dem eigenen Körpergewicht der Spieler. Vor etwa zwei Jahren haben wir damit sogar erst ab der U16 begonnen. Aber als wir eine große Reise durch Europa angetreten haben, mussten wir feststellen, dass die meisten Teams viel stärker und größer als wir waren. Deshalb haben wir Krafttraining nun schon ab der U15 ins Programm aufgenommen – einfach um es zu testen. Wir möchten die Kinder nicht überlasten, während sie heranwachsen. Deshalb wird mit leichten Gewichten gestartet, ehe es in der U16 zum festen Bestandteil in ihrer Entwicklung wird.

Lass uns kurz Abstand von der sportlichen Seite nehmen. Wie wichtig ist die schulische Ausbildung für den Klub?

Die Schulausbildung ist sehr wichtig für uns. Wir haben jedoch keine eigene Schule, weshalb unsere Spieler reguläre Schulen besuchen, wie alle anderen Kinder, die nicht für Dinamo Spielen, auch. Dafür gibt es auch gute Gründe. Einer ist, dass eine eigene Einrichtung eine Menge Ressourcen benötigt. Der Zweite, dass das Schulsystem in Kroatien sehr speziell ist. In der High-School wird schon sehr früh eine Spezialisierung nachverfolgt. Von der 9. bis zur 12. Jahrgangsstufe wählst du schon deinen Ausbildungsschwerpunkt. Du kannst zum Beispiel Wirtschaft, Kochen, Soziales, oder technische Berufe wählen. Daneben hast du eine Art Gymnasium, das dir den Zutritt zur Universität gewährt. Deshalb können wir kein festes Schulsystem für unsere Spieler bestimmen, da wir unsere Akademie allen zugänglich machen möchten. Die Kinder gehen somit im Umkreis von Zagreb zur Schule und spezialisieren sich auf ein Themengebiet ihrer Wahl.

Es ist verpflichtend für alle jungen Bürger in Kroatien, eine weiterführende Ausbildung zu machen. Manche unserer Spieler gehen sogar zu Abendschulen. Das ist jedoch etwas, dass wir nicht gerne sehen und deshalb den Eltern empfehlen ihre Kinder in normalen Schulen anzumelden. Letztlich ist das aber eine familiäre Entscheidung.

Wie sieht dann ein normaler Schultag für die Spieler aus?

In Kroatien ist der Großteil der Schulen so organisiert, dass du eine Woche am Morgen und die darauf am Nachmittag den Unterricht besuchst. Das beeinflusst natürlich unser Training. Wenn die Kinder am Morgen in die Schule gehen, kommen sie nachmittags zum Training und umgekehrt. Das macht es uns sehr schwierig, ein ideales Teamkonzept aufzustellen, weil unsere Spieler aufgeteilt sind. Somit fokussieren wir uns primär auf kleine Gruppen und individuelles Training. Hier kommt schon die nächste Schwierigkeit auf uns zu, da wir somit Vollzeit-Trainer benötigen, die morgens und abends arbeiten. Ein- bis zweimal pro Woche finden dann abendliche Einheiten statt, um das gesamte Team zusammen zu bringen. Die anderen Tage trainieren sie separat.

Ein Drittel unserer Spieler haben ihren Unterricht am Nachmittag. Deren Tagesplan sieht so aus, dass sie um 07.00 Uhr aufstehen, frühstücken und dann von 09.00 – 10.30 Uhr trainieren. Danach geht es unter die Dusche, zum Lunch und schlussendlich von 13.00 – 19.00 Uhr in die Schule. Der Rest besucht die Schule von 08.00 – 14.00 Uhr. Trainiert wird dann von 16.00 – 17.30 Uhr. Anschließend warten noch die Hausaufgaben.

Das ist ein sehr taffer Zeitplan!

Ja, es erfordert viel Disziplin und gutes Zeitmanagement. Wir haben zudem auch das Glück zu vielen Turnieren eingeladen zu werden. Viele Spieler werden schon in die Juniorennationalmannschaften berufen. Manchmal sind auch Spiele unter der Woche. Es ist wirklich sehr fordernd, ein Spieler bei Dinamo zu sein.

Da einige Spieler nicht das Top-Level erreichen: Gibt es eine spezifische Ausbildung im Bereich Sport, um diese aufzufangen?

Nicht nur einige, sondern der Großteil von ihnen wird nicht die Spitze erreichen. Wir wissen das und legen deshalb viel Wert auf den Besuch der Schule und gute Noten. Unser Psychologe in der Akademie überwacht die schulischen Leistungen und stellt sicher, dass unsere Coaches die Jungs zusätzlich anspornen. Wenn sie es nicht zu einer professionellen Karriere schaffen, möchten wir sie zumindest zu guten Menschen entwickeln, die sich zu benehmen wissen und eine anständige Ausbildung genossen haben, um sich selbst im späteren Leben zurecht finden zu können.

Da ist es wichtig, die richtigen Leute zu haben, um Spieler zu finden, die genug mitbringen, um diese Herausforderung anzunehmen! Welche Eigenschaften müssen eure Scouts mitbringen?

Wir haben einen Head-Scout, der unsere Scouting-Abteilung leitet. Rund um Kroatien haben wir noch ein kleines Netzwerk. Für eine Akademie oder eine erste Mannschaft zu scouten, macht einen kleinen Unterschied. In der A-Mannschaft wählst du Spieler aus, die in diesem Moment am besten für vakante Positionen geeignet sind. Du verpflichtest Spieler aufgrund seiner derzeitigen Leistung. In einer Jugendakademie muss man in Entwicklungsschritten denken. Es geht nicht ausschließlich darum, wie gut ein Spieler gerade ist, sondern um sein auszuschöpfendes Potenzial, wenn er mal 20, oder 21 Jahre alt ist. Ich denke, dass es ein großer Fehler ist eine Person für den Job zu suchen und dieser zu sagen: „Geh und scoute. Finde den besten Spieler“, ohne ihnen Leitlinien an die Hand zu geben, sie zu coachen, oder eine Ausbildung zur Verfügung zu stellen. Jeder kann einen guten Spieler unter vielen schlechten erkennen. Erst wenn du gute Spieler zusammen bringst, musst du deine Augen schärfen und auf Details achten. Wie reagiert er, wenn er den Ball verliert? Wie öffnet er seinen Körper bei der Ballannahme? Wie kommuniziert er, ist er im Zweikampf aggressiv genug? Unsere Scouts müssen sehr schnell identifizieren, wer für uns nicht in Frage kommt und wer potentiell interessant sein könnte.

Darüber hinaus musst du wissen, welche Qualitäten angeboren sind und welche nicht. Körpergröße ist beispielsweise angeboren und muss somit selektiert werden – du kannst nicht trainieren, groß zu sein. Dasselbe gilt für Schnelligkeit. Du kannst keinen langsamen Spieler nehmen und davon ausgehen, dass du diesen um 100 Prozent schneller machst. Somit musst du auch wissen, welche Fähigkeiten verbessert werden können. Wenn ein Spieler technisch nicht besonders gut ist, kann das auch am Klub liegen, für den er spielt, bei dem er nie die Chance hatte, sich weiterzuentwickeln. Darüber hinaus solltest du auch über biologische Faktoren Kenntnis haben, die Auswirkungen auf die Reife der Spieler haben. Als Beispiel: Stell dir die Frage, ob ein Spieler nur dominant und stark ist, weil er groß ist. Aber wird er diesen Vorteil noch in den nächsten 4 – 5 Jahren haben? Unsere Scouts schauen oftmals sogar nach dem Monat in dem der Spieler geboren ist, weil ihn das in eine andere Kategorie einordnen lässt. Es verlangt viel Erfahrung und dauert Jahre, um ein gewisses Skillset im Scouting zu erlangen. Diese mentale Datenbank musst du kontinuierlich evaluieren und anpassen.

Wir möchten definitiv, dass unsere Scouts viel Erfahrung mitbringen. Die Meisten haben eine Ausbildung in Leibeserziehung und haben selbst Fußball gespielt, wenn auch nicht auf professionellem Level. Wir haben derzeit nur einen Trainer, der ein ehemaliger Profi des FC Schalke 04 ist. Die anderen beiden Ex-Profis haben für die 1. Mannschaft von Dinamo gespielt und sind Assistenztrainer im Moment. Eine professionelle Karriere nachweisen zu können ist schlicht nicht ausreichend. Sie müssen über viel Wissen verfügen, eine UEFA-Lizenz, oder Leibeserziehungs-Zertifikate habe, da die Arbeit mit jungen Spielern nichts ist, das ein ehemaliger Profi einfach so bewerkstelligen kann. Hier ist Methodik, Altersbewusstsein, Kommunikation, Management und Organisation gefordert.

Matchday: Szene kurz vor dem Kick-Off

Somit sagst Du, dass es nicht notwendig ist, auf einem Top-Level gespielt zu haben, um ein guter Scout zu werden?

Manchmal kommen Leute zu uns, und sehen sich Spiele sehr oberflächlich an. Dann sagen sie: „Der Junge hat schon 25 Tore diese Saison erzielt. Er ist unfassbar stark.“ Dann schauen wir uns den Spieler an und müssen widersprechen: „Okay, er ist 15 Jahre alt und sehr frühreif. Dennoch fehlt es ihm an technischen Fertigkeiten und seine Entscheidungsfindung ist schlecht. Entschuldigung, aber das ist niemand für uns“. Es kann hilfreich sein, wenn man professionellen Backround hat, aber allein ausreichend ist das nicht. Es braucht Jahre, um die Soft-Skills abzustimmen. Somit ist es keine Voraussetzung für uns.

Wie viele Scouts sind derzeit bei Dinamo im Einsatz?

Wir haben den schon angesprochenen Head-Scout, der unser Netzwerk rund um Kroatien leitet, in dem in etwa 10 weitere Scouts aktiv sind. Zusätzlich sitzt jeweils ein Scout in Bosnien, Slowenien und anderen Ländern nahe Kroatien. Die meisten sind ehrenamtlich für uns tätig oder Freunde des Klubs.


Arbeiten keine Scouts in anderen europäischen Gebieten?

Nein, aus zwei Gründen. Erstens haben wir nicht genügend Ressourcen dafür. Zweitens gibt es in anderen Gebieten viel größere Klubs als Dinamo. Wenn wir einen Spieler unter Vertrag nehmen wollen, müssen wir uns auf Areale konzentrieren, aus denen wir Neuzugänge bekommen können. Das schließt neben Kroatien, Slowenien und Bosnien Länder wie Mazedonien, Albanien sowie den Kosovo ein. Dort gibt es sehr gute Spieler, für die Dinamo ein großer Klub ist und der Wille da ist, bei uns spielen zu wollen.

Ist es möglich, auf anderen Wegen in die Akademie aufgenommen zu werden, als durch gewöhnliches Scouting?

Normalerweise  werden die Kids durch unsere eigenen Scouts, beziehungsweise unsere Coaches beobachtet, wenn jemand anruft, um uns von einem interessanten Spieler zu berichten. Allerdings leiten wir auch Auswahl-Camps in Bosnien und Slowenien oder sogar in Australien und den USA. Aus diesen laden wir den besten Spieler ein nach Zagreb zu kommen, um gemeinsam mit unseren Spieler getestet zu werden. Aber wir sind ebenso offen für Kids, die auf anderem Wege ein Probetraining bei Dinamo machen möchten. Vier Mal im Jahr haben wir eine Art „Tag der offenen Tür“, an dem jeder kostenlos kommen kann, um bei uns vorzuspielen.

Wie hoch sind demnach die jährlichen Kosten, um die Akademie am Laufen zu halten? Ist die Ausbildung für die Kids kostenlos?

Der Großteil muss einen kleinen Beitrag ab dem Alter von 8 Jahren bezahlen. Dieser beläuft sich auf 30 EUR pro Monat. Wenn sie erst einmal 11, 12, oder 13 Jahre alt sind und jemand nicht die finanzielle Möglichkeit hat, den Beitrag zu entrichten, er aber ein guter Spieler ist, kann er auch umsonst spielen. Ab dem Alter von 14 Jahren vergeben wir dann erstmals Stipendien, womit sich der Spieß umdreht und wir beginnen die Spieler zu bezahlen, dafür, dass sie bei uns sind. Unser Budget richtet sich danach, was miteinbezogen werden soll. Speziell für die Akademie liegt der Betrag bei etwa 1,5 Mio. EUR. Das schließt das komplette Personal, Trainer und Spieler mit ein.

Gibt es zentrale Motive und Visionen, denen der Verein und die Spieler folgen?

Primär möchten wir unsere Spieler zu guten Leuten erziehen, die wissen, sich in der Zukunft in der Gesellschaft zu etablieren. Darüber hinaus möchten wir natürlich qualitativ hochwertige Spieler ausbilden. Manche von ihnen werden später in Dinamos 1. Mannschaft spielen, hoffentlich sogar in der kroatischen Nationalmannschaft. Der Rest wird dann in professionell in anderen Klubs aktiv.

Stehen dahinter auch moralische Ideale wie Menschlichkeit und Respekt, mit denen sie vertraut gemacht werden?

Wir sehen das als äußerst wichtigen Teil ihrer Charakterentwicklung. Alle Kinder, die an dir vorbeilaufen, würden dich grüßen – nur, weil du ein Erwachsener bist. Wir bringen ihnen ab der U6 bei, wenn sie hier bei uns ankommen, dass jede ältere Person, die an ihnen vorbei läuft, mit Respekt behandelt wird. Wenn sie in der Kabine sitzen, auch wenn es bereits die U19 ist, haben sie aufzustehen, wenn eine Autoritätsperson den Raum betritt, bis wir ihnen sagen, dass sie sich setzen dürfen. Es geht nur um Respekt, sondern primär darum, dass sie ihre Rolle innerhalb der Gesellschaft kennen und sie sich dementsprechend benehmen. Das heißt: Keine körperlichen oder verbalen Auseinandersetzungen – immerhin repräsentieren sie den Klub. Wir verwenden keinen unangemessenen Ton gegenüber Schiedsrichtern oder Gegnern. Sie sollen Vorbilder sein.

Als Vorbilder innerhalb der Gesellschaft: Gibt es dann auch ein paar Verbote? Tattoos oder Piercings zum Beispiel?

Nein gibt es nicht. Ich denke, dass dieses Thema traditionell nicht so groß ist in Kroatien. Wir sehen das ein wenig anders als die westlichen Länder. Ich weiß gar nicht, ob überhaupt jemand unserer Spieler in der U19 ein Tattoo hat – die jüngeren auf keinen Fall. Somit haben wir keine Regel, da wir keine dafür brauchen. Ich muss auch sagen, dass, wenn ich einen Spieler scoute, der beispielsweise 16 Jahre alt ist und ein Tattoo trägt, dieser sehr speziell sein müsste, um selektiert zu werden. Tattoos in diesem Alter lassen Fragen bzgl. seines Charakters, seiner familiären Situation, Stabilität und Fokus auf Fußball aufkommen. Vielleicht ist das ein wenig zu altbacken, aber es sollte unsere Realität reflektieren, in der Kinder unter 18 Jahren keine Tattoos tragen sollten.

Um den Blick weiter zu fassen: Kooperiert Dinamo mit anderen Jugendakademien, oder hat gar selbst eigene Nachwuchsleistungszentren außerhalb von Zagreb?

Wir haben verschiedene Kooperationsverträge mit kleineren Klubs die in verschiedenen Teilen Zagrebs und Kroatiens verteilt sind. Das sind wiederum die größeren Klubs in ihrer Region. Wir unterstützen sie in der Ausbildung ihrer Coaches und nehmen an Turnieren teil – wonach sie natürlich auch zu unseren eingeladen werden. In Zagreb sind wir so ziemlich mit jedem Verein vernetzt. Das ist unsere Stadt und wir versuchen hier auch den Fußball zu fördern, indem wir kleineren Vereinen unter die Arme greifen. Das liegt daran, dass wir größtenteils Spieler aus Zagreb und Umgebung scouten. Außerhalb der Stadt kommen die Kinder frühestens im Alter von 12 Jahren zu uns. Somit kann man also sagen, dass Partnerschaften für uns sehr wichtig sind, da sie uns ihre besten Spieler schicken, um an Sichtungstagen teilzunehmen.

… das heißt, dass es keine ganze Akademie gibt, die mit Dinamo Zagreb in Verbindung steht?

Wir haben nur Partnerschaften zu Vereinen die bereits existieren. Wir unterstützen eine Akademie in Teheran, Iran, aber auch nur, weil sie bei uns angefragt haben – für sie ist Dinamo Zagreb ein sehr großer Klub. Deshalb haben wir drei unserer Trainer abgestellt, um das Nachwuchszentrum strukturell aufzubauen. Um eigene Akademien rund um die Welt zu errichten, fehlen uns dann aber schlichtweg die Ressourcen.

Wo Du gerade einen deiner Trainer angesprochen hast: Wie viele Jugendcoaches beschäftigt ihr?

Wir haben elf Headcoaches, drei Individualtrainer, vier Torwarttrainer, fünf Konditionstrainer und vier Assistenztrainer. Alle arbeiten in der Akademie und sind beim Verein angestellt. Zusätzlich haben wir noch ein Projekt, das sich „OpenSchool“ nennt, in dem wir noch zehn weitere Trainer beschäftigen, die sich um rund 200 junge Spieler kümmern.

Bei 200 Talenten: Wie groß ist die Akademie und wo ist sie angesiedelt? 

Sportanlage der Jugendakademie von Dinamo Zagreb

Wir befinden uns direkt im Zentrum von Zagreb – die Akademie befindet sich im Schatten des Maksimir Stadions. Das ist ziemlich besonders, da Stadien in der Regel außerhalb der Stadt stehen. Die Akademie befindet sich direkt am Stadion und umfasst 6 Plätze – drei Natur- und drei Kunstrasen. Zusätzlich haben wir noch ein kleines Fitnessstudio. Wir haben leider nicht besonders viele Ressourcen, weshalb unsere Trainer das mit anderen Dingen kompensieren müssen.

Gibt es eine Unterkunft für die Spieler, die nicht zuhause bei ihren Familien leben?

Ja wir haben zwei Häuser, in denen wir Haushälter beschäftigen, die sich um die Kinder kümmern. In den Unterkünften leben derzeit 30 Personen. Weitere 15 leben in Studentenwohnheimen. Wir haben unsere maximale Kapazität schon erreicht, weshalb wir gerade eine Erweiterung der Unterbringungsmöglichkeiten planen. Den Kindern wird jeden Tag frisches Essen im Stadionrestaurant bereitgestellt – alles Weitere ist ebenfalls dort angesiedelt: Umkleiden, Fitnesscenter und was wir sonst so brauchen.

Du sagtest, dass ihr die Räumlichkeiten am Stadion nutzt. Gibt es speziell für die Jugendakademie auch ein Hauptgebäude?

Das Verwaltungsgebäude der Akademie mit Umkleiden und Büros befindet sich am südöstlichen Teil des Maksimir Stadions. Wir sind gleich da. Wir sind Teil des Klubs. Die Trainer unserer 1. Mannschaft sitzen keine Minute Fußweg von uns entfernt. Es ist sehr familiär hier. In einem größeren Klub könnte ich vermutlich nie einfach so zum Sportdirektor laufen, hier esse ich jeden Tag mit ihm zu Mittag.

Was würdest Du sagen ist Dinamos Schlüssel zum Erfolg? Was unterscheidet die Jugendausbildung von allen anderen Akademien in Europa?

Über das zu urteilen überlasse ich normalerweise anderen. Ich denke für Erfolg muss man vor allem die richtigen Entscheidungen treffen. Du musst die richtigen Spieler verpflichten, mit den idealen Trainern arbeiten und beides in das optimale Programm packen. Dazu muss die Konkurrenz innerhalb und außerhalb des Teams stimmen. Wir haben vermutlich das beste Scouting in Kroatien und die talentiertesten Trainer. Unser Programm rundet alles ab und schafft eine Unterscheidbarkeit. Wir machen unsere Arbeit sehr detailliert und ist durch viele Experten geprägt. Dafür beschäftigen wir zwischen 50 und 60 Personen – das kommt ganz auf die ehrenamtlichen Mitarbeiter an, die stark fluktuieren. Deren Wissen und Einsatz macht den Unterschied. Wir haben weder das Geld, oder die Größe anderer Jugendakademien, noch ein globales Scouting-Netzwerk. Somit müssen wir mit verfeinerten Qualitäten arbeiten.

Kannst Du uns eine Prognose für die kommende Zeit geben? Welchen Weg geht Dinamo?

Ich denke wir leben in einem guten Moment zurzeit. Wir haben hart gearbeitet in der Vergangenheit, um uns das Recht zu verdienen, als eine der renommiertesten Jugendakademien der Welt anerkannt zu werden. Dein Anruf beweist das. Jeden Tag kommt jemand aus aller Welt, um unsere Trainings anzusehen. Wir sind dahingehend auch offen. Jeder den es interessiert kann kommen, mit Ausnahme der Eltern unserer Kids. Ihnen ist es nicht gestattet das Training ihrer Kinder zu verfolgen – aber das ist, um die Kinder zu beschützen. Wir entwickeln uns gut und bewegen uns in Bereichen, in denen wir uns noch weiterentwickeln können. Sportwissenschaft wäre hier zu nennen. Ernährung und moderne Technologien sind da Schwerpunkte. Jedoch sind andere Klubs in diese Richtung vorgeprescht und haben sich nur darauf fokussiert – das ist nicht unser Ziel. So lange wir unseren Kurs halten, sind wir auf einem guten Weg. Somit liegt der primäre Fokus auf einer professionellen Entwicklung der Kinder, um sie auf das spätere Leben vorzubereiten. Im Moment ist unsere Akademie weltweit respektiert und wir möchten unser Beste geben, um auf diesem Level zu bleiben und uns weiterhin mit Giganten wie Bayern München, Real Madrid, oder Juventus Turin messen zu können. Wir haben gegen alle drei in den letzten zwei Jahren gespielt. Manchmal haben wir gewonnen, manchmal verloren. Gegen solche Teams in wichtigen Turnieren antreten zu dürfen ist ein Privileg für uns. Genau da wollen wir bleiben.

Gibt es irgendwelche Probleme, die Jugendentwicklung schwierig gestalten?

Alles hat irgendwo seine Herausforderungen. Wir sind ein kleiner Klub. Somit ist es schwierig für uns Stipendien zu vergeben – in erster Linie um uns selbst zu schützen. Hier in Kroatien leben viele Scouts von anderen Klubs. Andere Scouts kommen aus ganz Europa, nur um unsere Spiele zu besichtigen. Somit ist es manchmal nicht ganz einfach Spieler zu halten, die Anfragen von großen Klubs bekommen. Dafür kann man ihnen nicht mal grollen! Dennoch denke ich, dass sie sich in den Strukturen deutlich leichter akklimatisieren können als sie selbiges bei Bayern München tun könnten. Dafür ist deren Level einfach zu hoch. Des Weiteren müssen wir in Dinamo Spieler zu „Stars“ machen, da wir andernfalls in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Wir haben auch nicht die modernste Technik, planen jedoch in diesem Bereich zukünftig verstärkt zu investieren. Da wir ein verhältnismäßig kleiner Klub sind, kommen viele Agenten und möchten Spieler abwerben, um sie zu transferieren und Geld zu verdienen. Sie versprechen ihnen vieles, vor allem ein besseres Leben im Ausland. Es ist manchmal auch kompliziert ,die Eltern da in den Griff bekommen, vor allem deren Erwartungen. Wir können nun mal nicht das bieten, was womöglich andere europäische Klubs können.

Du hast die finanziellen Möglichkeiten anderer europäischer Giganten angesprochen: Manchester City hat vor nicht all zu langer Zeit 250 Mio. EUR für ein neues Nachwuchsleistungszentrum investiert, ähnlich wie RedBull Salzburg das getan hat. Welchen Weg nimmt diese Entwicklung derzeit?

In der Jugendförderung musst du deine Prozesse kennen und ständig optimieren. Deine Arbeit wird sich erst in 10 Jahren zeigen, wenn der Spieler der Welt zeigt, ob er die Qualität hat, um sich im europäischen Topfußball zu etablieren und in der 1. Mannschaft zu spielen.  Somit musst du dich ständig hinterfragen. Deine Scouting-Kriterien, Coaches, Trainingsmethoden und vieles mehr. Es gilt zu vermeiden, vom richtigen Weg abzukommen. Wie ich bereits erwähnte habe, gibt es große Unterschiede zwischen uns und anderen Akademien. Um nochmal ein Beispiel zu nennen: Wir haben vor zwei Jahren gegen Arsenal gespielt, die einen Spieler in ihrer U19-Mannschaft hatten, für den sie drei Millionen Pfund Ablöse gezahlt haben. Wir können uns das nicht leisten, also müssen wir dementsprechend härter auf anderen Wegen arbeiten.

Wie siehst Du dann persönlich die Jugendentwicklung in Europa – gerne auch im Vergleich zum Fußball außerhalb der EU. Hat sich die Mentalität hier in den letzten 20 Jahren ein wenig verändert?

Wenn ich die Situation zum Rest der Welt vergleiche, entwickeln die Klubs eine deutlich bessere Struktur. Sie stellen sich detaillierte Fragen zum Thema Scouting, oder der Besetzung ihrer Trainerposten. Du hast mich vorher gefragt, wie viele unserer Coaches Ex-Profis sind, aber das ist eine Einstellung von vor 20 Jahren, als jeder ehemalige Profis wollte. Heutzutage geht es um Qualität und Erfahrung. Da interessiert es nur am Rande, ob du früher professionell aktiv warst. Wenn ich wiederum Fußball mit anderen Sportarten vergleiche, muss ich feststellen, dass wir ihnen weit voraus sind. In Kroatien brauchst du keine Lizenz um als Basketballcoach auf einem hohen Level zu arbeiten. Im Fußball ist das ohne eine UEFA C, B, oder A-Lizenz nicht möglich. Versteh mich nicht falsch, Basketball ist ein großer Sport hierzulande, aber hat einfach nicht dieselben Anforderungen.

Jedoch haben wir das Problem, dass sich der Stil verändert. Kinder spielen nicht mehr so viel auf den Straßen, wie das früher der Fall war. Somit hängen wir in diesem Punkt ein wenig südamerikanischen oder afrikanischen Talenten hinterher. Das macht sie auf natürlich technisch versierter und spielfreudiger. Ich möchte jedoch nicht sagen, dass sie bessere Fußballer sind, da viel mehr dazu gehört, um ein professionelles Level zu erreichen. Dennoch müssen wir das wahrnehmen und adressieren. Bei Dinamo haben wir nun verstärkt motorische Komponenten mit in das Programm aufgenommen, um die Kinder auch wieder in dieser Entwicklung zu stärken. Zusammenfassend würde ich sagen, dass wir anderen Sportarten weit voraus sind. Wir sind anderen Teilen der Welt ebenfalls weit voraus. Wir müssen jedoch Wege finden, um die motorischen Fähigkeiten, die Kinder auf der Straße, gemeinsam mit ihren Freunden entwickeln, wieder aufzugreifen. Da geht es auch nicht primär um Fußball, sondern einfach um das Spielen außerhalb von Schule, Sport, oder dem eigenen Zuhause.

Trifft sich gut, dass du den Straßenfußball angesprochen hast. Erst kürzlich habe ich ein Zitat von Zinedine Zidane gelesen, der gesagt hat: „Alles, was ich im Fußball erreicht habe, verdanke ich der Zeit, die ich mit meinen Freunden auf der Straße gespielt habe“. Darin erkenne ich eine Menge meiner eigenen Kindheit, in der sich fast alles um das Fußballspielen auf den örtlichen Bolzplätzen gedreht hat. Ich denke, das hat sich stark verändert!

Da stimme ich Dir und Zidane größtenteils zu. Wir müssen jedoch davon Abstand nehmen zu denken, dass Straßenfußball unsere Probleme löst. Du, ich und Zidane; wir haben alle zahlreiche Stunden auf der Straße gespielt. Letzten Endes hat er für Real Madrid gespielt, ich hab es nie auf ein professionelles Level geschafft und ich weiß nicht, wo du gespielt hast. Somit bin ich der Meinung, dass Straßenfußball die technische Entwicklung fördert, viele motorische Fähigkeiten beeinflusst und eine starke emotionale Seite anspricht. Straßenfußball gibt dir die Möglichkeit, dich ohne Anweisungen auszudrücken, neues auszutesten und mit Freunden Zeit zu verbringen. Das ist eine ganz andere Art von Druck, der hier entsteht – auch hier möchte jeder gewinnen. Aber wir sollten vorsichtig sein, das als universelle Lösung zu betrachten und nicht zu viel Zeit damit verschwenden uns zu beschweren, dass diese „Kultur“ nicht länger existiert. Jetzt herrscht eine neue Realität mit der wir lernen müssen umzugehen und unser Training dementsprechend anpassen.

Lass uns abschließend noch über einen der vermeintlich talentiertesten Fußballer der nächsten Generation sprechen. Alen Halilovics Entwicklung hat nicht den Verlauf genommen, den er sich vorgestellt hat. Als Eigengewächs Dinamos: Wie ist deine persönliche Einschätzung zu seiner Entscheidung, den Klub so früh verlassen zu haben?

Ich war nicht im Klub als er hier aufgewachsen ist, deshalb war ich nicht nahe genug dran, um genauere Informationen zu haben. Was ich jedoch weiß ist, dass er zu früh den Verein verlasse hat, weil er Teil eines größeren sein wollte. Der Sprung vom Status eines guten Spielers sowie riesen Talents bei Dinamo Zagreb zum FC Barcelona war enorm. Die Lücke der Anforderungen war einfach zu groß für ihn. Er hätte sich selbst mehr Zeit geben sollen, um sich in kleineren Schritten weiterzuentwickeln und in seine Rolle hineinzuwachsen. In deiner fußballerischen Entwicklung kommst du im Alter von 17/18-Jahren ins Straucheln. Dann machst du den nächsten Schritt und muss mit neuen Herausforderungen im Alter von 19 Jahren klar kommen und irgendwann dieselbe Hürde mit 20/21-Jahren nehmen. Wenn du diese Stufen einfach überspringst und dir keine Zeit gibst, um die zu entwickeln, zu straucheln und Meilensteine zu erreichen, dann kommt alles auf einmal – und das zwingt dich in die Knie! Abseits davon, ist noch sehr jung und hat Raum, um sich auf höchstem Level etablieren zu können. Wann immer ich ihn für Dinamo, oder die Juniorennationalmannschaft spielen gesehen habe, waren seine exzellenten Instinkte spürbar. Er ist stark im Eins-gegen-Eins, hat fantastische individuelle Fähigkeiten, pflegt ein sehr kreatives Spiel und löst Spielsituationen äußerst clever. Im Fußball dreht sich jedoch alles darum ein Teil des Teams zu sein, gemeinsam zu verteidigen, sein Timing auf die Kollegen abzustimmen und effiziente Entscheidungen zu treffen. Er muss sich in das Teamgefüge noch besser einbringen und nicht ausschließlich auf seine individuelle Klasse verlassen. Ich möchte ihn unbedingt im Trikot der kroatischen Nationalmannschaft aufblühen sehen.

Da bin ich ganz bei Dir. Ich bin sehr gespannt, wie seine nächsten Schritte aussehen werden und ob er sich nach Stationen wie Gijon, Hamburg oder Las Palmas bei einem größeren Team in den Fokus spielen kann. Es wird interessant, ob er später mit Spielern wie Luka Modric und Ivan Rakitic genannt werden wird!

Das ist es wirklich. Du hast Modric und Rakitic erwähnt, die derzeit auf dem höchsten Level spielen. Dabei vergisst man jedoch, dass es Jahre gedauert hat, bis es dazu kam. Nimm Rakitic als Beispiel: Er war in Basel, danach in Schalke und hat bei Sevilla seinen Durchbruch geschafft. Er hat sich erst mit 26 Jahren dem FC Barcelona angeschlossen. Er ist als gestandener Mann zu Barca gekommen. Halilovic hingegen war erst 18 Jahre alt.  Nicht einmal Lionel Messi hat sofort von der ersten bis zur letzten Minute gespielt in diesem Alter. Auch er hat seine Zeit gebraucht, um sich an seine Rolle zu gewöhnen. Zudem hatte er große Unterstützung durch Ronaldinho sowie ein großes Team, das sich um ihn gekümmert hat und ihm Zeit gab, um sich zu entwickeln. Halilovic hatte das alles nicht. Somit muss er sich selbst etwas Zeit geben, mentale Fortschritte machen und sich selbst auf diesem Level Stück für Stück zu positionieren.

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Michi Käser arbeitet als Head of Content für Borussia Mönchengladbach ESports. Der 27-jährige Sportmanagement-Student an der IST-Hochschule war in der Vergangenheit bereits als Praktikant bei EA Sports und dem FC Bayern München tätig. Folgen Sie dem großen Fan vom FC Barcelona und der Lehre von Johan Cruyff bei Twitter unter @MichaelK_93

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